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Die Märkische Oderzeitung (MOZ) hat am 22. August 2021 berichtet
Hans-Joachim Schlaak betreibt eine Fluglärm-Messstation in Schöneiche und hat sich die Daten und Flugrouten genauer angeschaut. Wird Schöneiche seit BER-Eröffnung mehr und lauter überflogen?
Mit ein paar Klicks: Hans-Joachim Schlaak ordnet bei seinen Auswertungen der DFLD-Daten die Fluglärm-Ereignisse den Flugrouten und Flugzeugen zu.
© Foto: Janine Richter
BER Flugzeuge am Müggelsee
Wie stark ist Schöneiche vom Fluglärm betroffen?
Messstationen geben Auskunft
22. August 2021
Ein Artikel von Janine Richter
Im Juli 2021 gab es erstmals seit BER-Eröffnung vermehrt Überflüge über Schöneiche. Nach der Corona-Ruhe fielen viele Bürger in der Gemeinde angesichts des neuen Fluglärms durch die Ferienflieger förmlich aus ihren Betten. Nun zeigt sich erstmals, wie die Müggelsee-Flugroute von den Piloten tatsächlich geflogen wird. Doch lässt sich die gefühlte Lautstärke auch mit Fakten untermauern?
Hans-Joachim Schlaak ist langjähriges Mitglied des Schöneicher Forums gegen Fluglärm e.V.. Er war auch bei den großen Demonstrationen in Friedrichshagen in den Jahren 2011 und 2012 gegen die Müggelsee-Flugroute dabei. Und er betreibt seit mehr als zehn Jahren eine eigene, kalibrierte Fluglärm-Messstation auf seinem Schöneicher Grundstück in der Hannestraße. Einsehbar sind seine Daten auf der Internetseite des Deutschen Fluglärmdienstes e.V. (DFLD). Die Station heißt dort „Schöneiche 1“. Eine weitere Messtation betreibt der Schöneicher Sebastian Vogt mit dem Namen „Schöneiche 2“ an der Werner-Seelenbinder-Straße im Westen von Schöneiche. Nur wenige Meter von dieser entfernt verläuft die Müggelsee-Flugroute.
SCHÖNEICHE
Lauteste Flüge über Westen von Schöneiche
Hans-Joachim Schlaak hat die im Juli erhobenen Daten beider Messstationen nun ausgelesen und analysiert. Sein Ergebnis: „Im Westen von Schöneiche sind es lautere und mehr Flüge als früher“, stellt er fest. Laut Datenlage fielen besonders die Sonntage unangenehm auf. Am vom Schöneicher Ex-Bürgermeister Heinrich Jüttner angesprochenen Sonntag, 4. Juli 2021, registrierte die Messstation „Schöneiche 2“ 55 Überflüge über die Gemeinde. 34 davon waren über 70 Dezibel laut; 15 lagen zwischen 65 und 69 Dezibel. Am darauffolgenden Sonntag, 11. Juli 2021, waren es 65 Überflüge und davon 33 über 70 Dezibel und 25 zwischen 65 und 69 Dezibel. An Wochentagen sind Überflüge mit einem Schallpegelspitzenwert von über 70 Dezibel im zweistelligen Bereich zu beobachten. Am lautesten zeigte sich hier der Donnerstag, 8. Juli 2021, mit 52 Überflügen und davon 26 über 65 bis 69 Dezibel und 21 über 70 Dezibel.
Der letzte intensive Juli-Tag der Station „Schöneiche 2“ war am Sonntag, 25. Juli (siehe Screenshot). Er erreicht ähnliche Werte wie die anderen Juli-Sonntage.
Der Screenshot der Station „Schöneiche 2“ des DFLD zeigt einen intensiven Fluglärm-Sonntag im Juli 2021 (Sommerferien) über Schöneiche nahe der Krummenseestraße.
© Foto: Screenshot DFLD/Janine Richter
Schöneiche immer sonntags besonders von Fluglärm betroffen
Für Rentner Schlaak sind die Fluglärmmessungen mehr als ein Hobby. In seinem Berufsleben überprüfte er die Messgenauigkeit sicherheitsrelevanter Körperschall-Sensoren. Heute könne er seine beruflichen Vorkenntnisse nutzen, um Fluglärmdaten auszuwerten. Damit möchte er dazu beizutragen, dass die guten Wohn- und Lebensbedingungen in Schöneiche erhalten bleiben. „Uns wurde damals zugesagt, dass die meisten Flugzeuge auf der Müggelsee-Route schon vor Schöneiche abbiegen“, sagt der Schöneicher. Doch seine Flugrouten-Beobachtungen ergaben, dass die meisten Flieger erst über Neuenhagen nach Westen abdrehen und Schöneiche besonders sonntags vorrangig überflogen wird. Er fragt sich diesbezüglich, ob es eine stille Vereinbarung mit dem Berliner Bezirk Treptow-Köpenick gibt, dass sie sonntags verschont werden. „Vielleicht ist das der Erfolg der Proteste ab 2011? Es ist jedenfalls sehr auffällig“, bemerkt Schlaak.
Schöneicher rechnet mit bis zu 200 Überflügen an Spitzentagen
Wie berichtet sind bisher nur 35 bis 45 Prozent des anvisierten Flugverkehraufkommens vom BER-Flughafen in Schönefeld (Dahme-Spreewald) erreicht. Zwei bis dreimal so viele Flüge werden erwartet. „Wenn künftig 150 bis 200 Überflüge über Schöneiche gehen, dann werden einige Bürger das nicht mehr aushalten und Schöneiche verlassen“, glaubt Schlaak. „Ich möchte erreichen, dass der Lärm gleichmäßiger verteilt wird.“
Die „Müggelsee-Route“ ist für Starts von der Nordbahn des BER-Flughafens in Richtung Osten vorgesehen. Seit April 2021 gibt es einen monatlichen Wechsel bei der Benutzung der Start- und Landebahnen. Im Juli wurde von der Nordbahn, im August wieder von der Südbahn abgeflogen. Schöneiche ist naturgemäß von Abflügen der Nordbahn betroffen. Herrscht zusätzlich Ostwind, ist der Fluglärm noch lauter.
Im Osten von Schöneiche ist es leiser
Im Osten von Schöneiche bekommt man von all dem Fluglärm weniger mit. Die Entfernung von der Messstation „Schöneiche 2“ bis zur Straßenbahn-Haltestelle Grätzwalde beträgt 2,4 Kilometer Luftlinie. „Bei einer Flughöhe von 2000 Metern berechne ich eine Schallpegel-Verringerung von 7,4 Dezibel“, erläutert Schlaak. Ihm sei bewusst, dass der Fluglärm nicht die Mehrheit der 13.000 Schöneicher störe. Wahrscheinlich eher nur 5 bis 10 Prozent von ihnen. „Aber es sind zumindest so viele, dass sich der Schöneicher Bürgermeister Steinbrück kümmern müsste, dass es leiser wird“, beschreibt er seine Erwartungen an die Politik. Er verstehe auch nicht, warum an Sonntagen der Rasenmäher nicht angestellt werden dürfe, aber so ein Flugzeug-Krach geduldet werde. Zum Vergleich: Maximale Schallpegel von 72 bis 75 Dezibel hatte Herr Schlaak 15 Meter entfernt von der Autobahn A10 in einem 120 km/h-Bereich gemessen. Dort erhalten Anwohner aber beispielsweise Lärmschutzwände.
Bürgermeister setzt sich für Schöneiche ein
Bürgermeister Ralf Steinbrück (SPD) kennt auf Nachfrage nur vereinzelte Beschwerden von Schöneichern und vertritt die Gemeinde in der Fluglärmkommission. „Ich werde in der Kommission einige Punkte aus den Erfahrungen der zurückliegenden und gegebenenfalls der kommenden Wochen und Monate ansprechen“, sagt er. Insbesondere betreffe das die Tatsache, dass Flugzeuge mit Zielen im Süden erst die Müggelsee-Flugroute Richtung Norden wählen, um dann wieder nach Süden abzudrehen. „Das erscheint mir wenig sinnvoll mit Blick auf Lärm, Energieverbrauch und Flugsicherheit.“
Dennoch macht er wenig Hoffnung, dass der Flugverkehr über Schöneiche wieder abnehmen wird – im Gegenteil. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass der Flugverkehr über Schöneiche zunimmt.“ Ganz fluglärmfrei – wie vielleicht in der Corona-Krise – war Schöneiche übrigens nie, erinnert er. „Vor März 2019 gab es über Jahrzehnte erheblichen Flugverkehr und Fluglärm in Schöneiche“, sagt Steinbrück. Bis Oktober 2008 lag die Gemeinde in der Einflugschneise des Flughafens Tempelhof (bei Westwind) und bis Oktober 2020 im Anflugbereich des Flughafens Tegel (bei Westwind). „Diese Flugzeuge waren vielleicht nicht so laut, weil sie im Landeanflug waren, aber es waren viele und sie flogen oft“, sagt Steinbrück.
Fluglärmbeschwerden einreichen leicht erklärt
An dieser Stelle hakt Schlaak ein: Richtig, die Tegel-Flüge seien leiser, nämlich meist zwischen 60 und 65 Dezibel laut gewesen. „Vergleicht man jedoch beispielsweise die Juli-Ferienzeit 2019 mit der jetzigen 2021, sind es heute wesentlich mehr Flüge bei Ostwind, die auch viel lauter sind.“ Dies beweise auch ein Screenshot der Stationsdaten des Sonntags, 14. Juli 2019, den er extrahiert hat.
Der Screenshot der Station „Schöneiche 2“ des DFLD zeigt die Messdaten des 14. Juli 2019 (ebenfalls ein Sonntag in den Sommerferien) über Schöneiche nahe der Krummenseestraße.
© Foto: Screenshot DFLD/Janine Richter
Wer sich über den Fluglärm über Schöneiche beschweren möchte, findet auf der Homepage vom Schöneicher Forum gegen Fluglärm die Anleitung zu einer Fluglärmbeschwerde. Sie auszufüllen, soll nur rund drei Minuten in Anspruch nehmen.
Alles Wichtige über den neuen Hauptstadtflughafen BER gibt es auf einer Themenseite.